EuGH: Die Einbettung von youtube videos verletzt keine Urheberrechte - oder etwa doch?
03. November 2014
Mit Beschluss vom 16. Mai 2013 hat der erste Zivilsenat des BGH im Verfahren I ZR 46/12 (Volltext abrufbar unter http://openjur.de/u/633899.html) dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 246 AEUV vorgelegt, ob die Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite auch dann eine öffentliche Wiedergabe darstellt die der Zustimmung des Urhebers bedarf, wenn das fremde Werk damit nicht für ein neues Publikum wiedergegeben wird und die Wiedergabe nicht nach einem spezifischen technischen Verfahren erfolgt, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.Anlass zu dieser Vorlagefrage war die Einbindung eines auf YouTube öffentlich zugänglichen Videos zum Thema Wasserverschmutzung in die Website eines Anbieters von Wasserfiltersystemen, der im direkten Wettbewerb zu dem Urheber des Videos stand. Für den EuGH war die Antwort auf diese Frage so einfach, dass er sie am 21.10.2014 nicht wie üblich durch Urteil, sondern durch einen einfachen Beschluss traf Volltext abrufbar unter http://medien-internet-und-recht.de/volltext.php?mir_dok_id=2643). Mit Urteil vom 13.02.2014 in der Rechtssache Svensson (C-466/12, abrufbar unter http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=147847&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=864411) hatte der EuGH nämlich bereits klargestellt, dass die Wiedergabe eines urheberrechtlich geschützten Werkes, nur dann als „öffentliche Widergabe“ im Sinne von Artikel 3 der Richtlinie 2001/29 anzusehen ist, wenn die Handlung gegenüber einem neuen Publikum erfolgt (Beschluss Rdn. 15). Ist dies nicht der Fall, weil das Werk bereits auf einer anderen Website mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich ist, so könne die betreffende Handlung, so der EuGH, auch nicht als (erneut) zustimmungsbedürftige öffentliche Wiedergabe eingestuft werden (Beschluss Rdn. 16). Zwar könne, so der EuGH weiter, die dabei verwendete Technik des Inline Linking verwendet werden, um ein Werk der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne es kopieren und damit vervielfältigen zu müssen; ihre Verwendung führe aber dennoch nicht dazu, dass das Werk für ein neues Publikum wiedergegeben wird, denn
„sofern und soweit dieses Werk auf der Website, auf die der Internetlink verweist, frei zugänglich ist, ist davon auszugehen, dass die Inhaber des Urheberrechts, als sie diese Wiedergabe erlaubt haben, an alle Internetnutzer als Publikum gedacht haben.“ (Beschluss Rdn. 18)
In ersten Stellungnahmen wurde die Entscheidung dahin bewertet, dass sie die Einholung einer Erlaubnis zur Einbettung urheberrechtlich geschützter Inhalte in die eigene Website generell obsolet gemacht habe (vgl. etwa http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/framing-urteil-ein-gespraech-mit-dem-medienrechtler-carl-christian-mueller-13239119.html). Ob dem wirklich gefolgt werden kann, ist aber zumindest zweifelhaft, denn die Entscheidung des EuGH enthält eine ganz wesentliche Einschränkung: Der eingebundene Inhalt muss mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer fei zugänglich gemacht worden sein, bevor er auf einer anderen Seite eingebettet werden darf. Nur dann wird er nämlich nicht für ein Publikum wiedergegeben, an das die Inhaber des Urheberrechts bereits gedacht hatten. Eben diese Voraussetzung, die der EuGH in den Randnummern 14 ff. ausdrücklich erwähnt, ist aber in dem nunmehr vom BGH zu entscheidenden Fall nicht erfüllt, da die Kläger des Ausgangsverfahrens nach den vom EuGH in Rdn. 4 seines Beschlusses getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt der Einstellung ihres Videos auf YouTube gerade nicht zugestimmt hatten. Ob der BGH dem nun Rechnung trägt, ist abzuwarten, der Ausgang des Verfahrens bleibt deshalb spannend und die Meldungen über die nunmehr uneingeschränkte Zulässigkeit der Einbettung fremder Werke in die eigene Website könnten sich durchaus noch als verfrüht erweisen.